Der Mercedes W110 230 steht irgendwie verloren im Eck einer großen Halle unweit von Hamburg. Ein goldener BMW E21 schielt kokett auf sein wohlgeformtes Seitenteil, ein paar farbenfrohe Ascodetten schützen die Flanke der Flosse auf der Backbordseite. Eingerahmt wird das prickelnde Stillleben von überwiegend aus Untertürkheim  stammenden Youngtimern, die auf die Gunst eines neuen Besitzers warten. In dem Teich könnte man es aushalten. Doch das ist keine Option für eine kleine Heckflosse. Die braucht Freiwasser. Am besten irgendwo im Süden.        

Mit eigenem Antrieb kam die frühe Sportlimo nicht hierher. Der M 180.945 Reihensechser ist zwar ein Fest, aber der hier ist auch fest. Deshalb wird der elfenbeinfarbene Kindheitstraum verkauft. Könnte ein langer Tag werden heute. Kleine Flosse mit Sechszylinder, die Mercedes Idee vom großen Motor im kleinen Auto. Wir sehen den Nachfolger des W105 Ponton, der auch 219 heißt. Und schon sind wir mittendrin in der Supernova automobiler Vielfalt, aus der sich der bis heute unaufhaltsame Siegeszug der Plattform Strategie entwickelt hat. 

Ab Mai `65 gibt`s den Mercedes W110 230, anfangs mit Solex 38 Zweifachstromvergaser und 105 PS. Im Juli `67 wird auf Zenith 35/40 Zweifachregistervergaser und 120 PS umgestellt, wie in der großen Flosse W111 230S. 168 bis 175 km/h Höchstgeschwindigkeit sind Mitte der 60er ´ne echte Hausnummer, voller Respekt nennt der Volksmund den 230 „Wolf im Schafspelz“. Er bedient eine große Marktlücke, ist erste Wahl für Besserverdienende am oberen Rand der prosperierenden Mittelschicht und Menschen, die ihren Wohlstand nicht zeigen wollen. Für uns ist er an diesem Tag ein Wagen, der unbedingt gesternwartert werden muss. Fortsetzung in den NEWS.