Einen Mercedes W114 280CE bekommt man im Sommer kaum noch zu sehen. Im Winter ist das so wahrscheinlich, wie Gurke auf Nutellabrot mit Leberwurst. Völlig absurder Gedanke heutzutage. Dieses Streusalz ist in den letzten Jahren soooo aggressiv geworden. Kaum durchgefahren, schon kriecht es in die Hohlräume, sorgt dort für ein blechtötendes Gemetzel. Ich habe Längsträger gesehen, die hatten sich plötzlich in Luft aufgelöst. Selbstrost. Aus Angst vorm Schwellertod. Obwohl der Wagen nie im Winter gefahren wurde. Sagte jedenfalls der Verkäufer. 

Wie war das früher? Wer waren diese wirren Ignoranten, die unsere Lieblingsterne ganzjährig bei jedem Wetter fuhren?  Ohne ESP. Ohne ABS. Ohne Angst vor Übersteuern im Schnee. Ich sag`s ja gern, aber diese Typen waren unsere Väter. Die hatten keine andere Wahl. Es gab EIN Auto in der Familie. Nicht sieben. Da hat niemand am Stammtisch Daily Driver geplaudert, das Ding wurde einfach gefahren. Ob Petrus haufenweise Neuschnee in den Weg gekotzt hatte oder der Streudienst selbst feststeckte, die Jungs fuhren sicher zur Arbeit. Spikes in die Pelle genagelt, Sandsack auf die Hinterachse, ekstatisch wildes Heckwedeln, was für`n geiles Abenteuer.

Zurück im Hier und Jetzt. Das schöne W114 Coupe in 462 Tunisbeige wird das ganze Jahr gefahren. Mit viel Wachs in den Hohlräumen und einem guten Satz Winterreifen. Ohne Spikes natürlich, die sind in Deutschland seit 1975 verboten. Man kommt prima zurecht im Winter mit dem 280CE /8. Frostschutz kontrollieren, alle weiteren Flüssigkeiten regelmäßig prüfen, Luftdruck der Winterreifen anpassen, die Fahrtürer bei Minusgraden behutsam öffnen, den Wagen schön warm fahren. Sonst ist alles wie immer. Außer vielleicht, dass  gelegentlich ein Privatweg Deinen Weg kreuzt, der Dich dazu einlädt,  den Unterschied zwischen längs und quer zu erfahren