501 Orientro(s)t

Mercedes W123 200D Orientrot mit 137.944 Kilometern, Schiebedach, Colorverglasung, volles Scheckheft, voller Rost. Das passiert eben, wenn man seinen Kurzurlaub Last Minute bei Autoscout bucht. Doch es gibt gute Gründe. Noch ein Wochenende ohne Korrosion geht gar nicht. In der Hinsicht sehen die Fotos der Limousine vielversprechend aus. Der Besitzer sagt am Telefon: „Ja, wenn Sie Rost an dem Auto suchen, dann finden Sie auch welchen.“ Als ich ankomme, ist es umgekehrt. Man muss den Rost nicht suchen. Er findet Dich. Dieser Zweitseriendiesel übertrifft meine Erwartungen wirklich bei Weitem. Was die Korrosion betrifft. Mindestens.

Keine Sandalen

Weiter geht`s mit einer auf Weißblech geprägten Einladung zur Blutspende durch Teilnahme am Straßenverkehr, ich sage nur: Fünftageskennzeichen! An einer Karre, an der es kein einziges Teil gibt, das nicht davon bedroht wäre, spontan abzufaulen, abzufallen, abzureißen oder durchzubrechen. Probefahren soll ich und aufpassen. Damit ich mir nicht den Fuß aufreiße. Falls der mit dem Pedal beim Bremsen durch das Loch in der Stehwand flutscht. Ihm sei` s passiert, sagt er, nun trüge er beim Fahren keine Sandalen mehr. Halb gerührt von seiner Sorge, halb fokussiert, den orientroten Todesstern wieder mit allen Gliedmaßen zu verlassen, starte ich den Motor. 

Lippizaner im Fußraum

Das muntere 60 PS Aggregat, es heißt OM 615940 10 255238, klingt ab der ersten Umdrehung, als wäre es nagelneu. Ein fantastischer Terminus für einen Mercedes Diesel aus dieser Epoche, oder? Nagelneu. Höhö. Die Probefahrt jedenfalls entfällt. Zwar finde ich Schimmel großartig. Aber nicht unter der Fußmatte. Nur die Sorte, die man auch reiten kann. Am Ende sorgen Motor und Neugier dafür, dass der Orientrote frisch gekauft auf den Hänger rollt. Ich liebe Wikipedia: „Stark gerostete Metalle können durch Bürsten oder Schleifen von Rost befreit werden.“ Das hätte ich niemals so sensibel formulieren können. Mit der Flex in der Hand.