Eigentlich wollten wir auf dem Streuobstwiesenfest im fränkischen Markt Herrnsheim nur eine kurze Stippvisite abhalten. Freunde treffen, altes Handwerk bewundern, lecker essen, Marmeladengespräche führen, dem Lokalpomologen ein paar Äppel aus dem Korb leiern. Doch als wir grade wieder los wollten, biegt ein Auto um die Ecke, das mich fast zu Freudensprüngen hinreißt. Der Horizontblaue W110 kommt wie aus dem Nichts, sein 230er Sechszylinder schleicht sich von hinten an, läuft seidenweich, ist kaum zu hören.

Noch bevor ich die Kamera zücken kann, wirft mein Gedächtnis eine Nebelgranate voller kunterbunter Erinnerungen über meinem Kleinhirn ab. Das will ich ihm heute gern verzeihen. Der erste Mercedes, in dem ich je befördert wurde, war die kleine Flosse meines Vaters im Jahre 1969. Fast ein halbes Jahrhundert später stehe ich auf einer zum Parkplatz umfunktionierten Wiese vor einem Mercedes W110. Ein Auto, das im warmem Licht der herbstlichen Sonne eine beinahe schon unwirkliche Schönheit ausstrahlt. Fantastischer Zustand, innen wie außen, ich will ihn fahren, sofort. Der stolze und freundliche Besitzer verrät uns, dass er grade auf dem Weg ist um sein Schmuckstück ins Winterquartier zu bringen. Wir tauschen Adressen aus, vereinbaren eine Ausfahrt mit Foto- und Videoshooting. Irgendwann in irgendeinem Frühjahr. Fortsetzung folgt in den NEWS.